Direktbegrünung
Eine Wiese aufwerten und sich dabei das artenreiche Grünland in der Umgebung zunutze machen: Ein Gewinn für Natur und Bewirtschafter!
Was ist Direktbegrünung?
Bei der Direktbegrünung werden die Samen einer artenreichen Spenderfläche geerntet und direkt auf eine Empfängerfläche übertragen. Hierfür gibt es verschiedene Methoden, die sich darin unterscheiden, wie die Samen geerntet und wie sie übertragen werden. Die Wahl einer Methode hängt vor allem von den Zielen der Begrünung, dem Ausgangszustand der Empfängerfläche und den zur Verfügung stehenden Maschinen ab. Die Techniken können sowohl in einem landwirtschaftlichen Umfeld (Biodiversitätsförderflächen) als auch im privaten oder öffentlichen Bereich (Naturschutzvorhaben, Ersatzmassnahmen, Grünanlagen, Böschungsbegrünungen, Skipistenbegrünungen, Verkehrsinseln, Flachdachbegrünungen, etc.) angewendet werden.
Direktbegrünungen sind allesamt Methoden, welche im Gegensatz zur Herstellung von Handelsaatgut ohne die Vermehrung von Saatgut durch Saatgutproduzenten operieren.
Vorteile von Direktbegrünungsmethoden
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Das Saatgut enthält nur regionale oder lokale Ökotypen und die Artenzusammensetzung entspricht den lokal charakteristischen Grünlandtypen,
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Gezielte Auswahl von Ökotypen möglich, die speziell an die Standortbedingungen der Begrünungsfläche angepasst sind, indem eine standörtlich entsprechende Spenderfläche gewählt wird,
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In der Regel artenreicher als Handelssaatgut,
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Sichere Übertragung der meisten charakteristischen Grünlandarten und von zahlreichen seltenen, nicht in Handelssaatgut enthaltenen Arten,
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Ökonomisch interessante Nutzung von ökologisch wertvollen Wiesen (Inwertsetzung der Artenvielfalt durch den Verkauf von artenreichem Mahdgut und der damit verbundenen Arbeit für Landwirte, welche Spenderflächen bewirtschaften).
Nachteile von Direktbegrünungsmethoden
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Wo geeignete Spenderflächen selten sind, ist die Saatgutwerbung schwierig oder aufwändig,
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Grosser Aufwand für die Auswahl optimaler Spenderflächen und für die Nutzungserlaubnis. Dadurch ist dieses Verfahren erst ab grösseren Flächen wirtschaftlich konkurrenzfähig,
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Anspruchsvolle Ausführung (Auswahl Spenderflächen, Berücksichtigung lokaler Bedingungen, Zeitpunkt, Ausschluss von Problemarten etc.)
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Die Artenzusammensetzung der begrünten Fläche ist weniger genau vorhersagbar als bei der Anwendung von Handelssaatgut.
Direktbegrünung: Vier Schritte zum Erfolg
1. Wahl der Spenderfläche. Die Wahl der Spenderfläche hängt vom Zustand der Empfängerfläche und den gesteckten Zielen ab
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Einschätzung des Zustands der Empfängerfläche : siehe AGRIDEA-Praxismerkblatt
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Wahl des Vegetationstyps, der für die Empfängerfläche geeignet ist: siehe Praxis – Welche Spenderfläche auswählen
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Festlegung des Ziels oder der Ziele der Begrünung: ökologische Aufwertung der landwirtschaftlichen Flächen, Erosionsschutz, Förderung der Biodiversität, etc.
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Suche nach einer passenden Spenderfläche: Um die regionalen Ökotypen zu erhalten, muss die Spenderfläche ähnliche Boden- und Klimaverhältnisse aufweisen wie die Empfängerfläche (Mikroklima, Relief, Hangexposition, etc.). Ausserdem muss sie in der Nähe liegen: Die maximale Entfernung zwischen Spender- und Empfängerfläche sollte 30 km nicht überschreiten und innerhalb derselben biogeografischen Region liegen [2].
2. Vorbereitung der Empfängerfläche. Krümeliges, gut abgesetztes Saatbett ohne Vegetation
Je nach Bodentyp und Unkrautdruck wird im September vor dem Ansaatjahr oder bei trockener Witterung im Februar / März des Ansaatjahres gepflügt. Im Frühling sollte alle 2 bis 4 Wochen geeggt werden, sobald auf der Saatfläche die Verunkrautung sichtbar wird. Auf diese Weise erhält man ein feinkrümeliges und gut abgesetztes Saatbett. Zwischen dem ersten Eggen und der Aussaat müssen mindestens 4 Wochen eingerechnet werden. Diese Vorbereitung verringert den Konkurrenzdruck durch Unkräuter und bewirkt, dass die gewünschten Arten ohne Herbizideinsatz auflaufen können.
3. Erntezeitpunkt. Der Zeitpunkt der Samenernte auf der Spenderfläche bestimmt den Erfolg der Begrünung
Der Erntezeitpunkt muss auf das Reifestadium der Pflanzen abgestimmt sein. Dieses hängt von folgenden Faktoren ab:
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Vegetationstyp: Die verschiedenen Wiesentypen erreichen ihre maximale Reife, das heisst den Zeitpunkt, an dem die meisten Arten Samen gebildet haben, nicht gleichzeitig. Für die Schnittwiesen im Talgebiet ist dies ungefähr Mitte Juni, für diejenigen im Berggebiet Ende Juli bis Anfang August. Die Vegetation der Feuchtwiesen hat eine lange Blütezeit, sodass während der Vegetationszeit zwei oder gar drei Samenernten (bzw. mehrere Schnitte bei Mahdgutübertragung) vorgesehen werden müssen, um das Artenspektrum des Vegetationstyps der Spenderfläche auf der Empfängerfläche etablieren zu können.
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Witterungsbedingungen: Je nach Wetterverhältnissen werden die Wiesen früher oder später reif. Sollte aufgrund der Samenentwicklung bereits vor dem vom Kanton festgelegten Schnitttermin geerntet werden, muss eine Ausnahmebewilligung beantragt werden.
4. Pflege der Empfängerflächen. Mit Säuberungschnitten und extensiver Bewirtschaftung wird sichergestellt, dass sich die Zielvegetation dauerhaft ansiedeln kann
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Erstes Jahr: Säuberungsschnitt mit einer Schnitthöhe von 10 cm ausführen, jeweils wenn die Vegetation Kniehöhe erreicht hat, um unerwünschte Arten zu beseitigen ohne der Zielvegetation zu schaden.
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Ab dem zweiten Jahr: Extensive Bewirtschaftung mit ein bis drei Schnitten pro Jahr, keine Düngung. Es wird empfohlen in den ersten 3 Jahren nach der Ansaat auf eine Herbstweide zu verzichten. Weiterführende Informationen können dem AGRIDEA-Praxismerkblatt „Direktbegrünung artenreicher Wiesen in der Landwirtschaft“ entnommen werden (siehe Downloads).
[1] Leicht verändert nach Leitfaden für naturgemässe Begrünungen in der Schweiz - Mit besonderer Berücksichtigung der Biodiversität, Bosshard A., Meyer P. und Mosimann A., Ö+L Ökologie und Landschaft GmbH, 2013.
[2] Gemäss Leitfaden für naturgemässe Begrünungen in der Schweiz - Mit besonderer Berücksichtigung der Biodiversität, Bosshard A., Meyer P. und Mosimann A., Ö+L Ökologie und Landschaft GmbH, 2013 sollte die Fläche innerhalb eines Radius von 15 km liegen. Die im Rahmen einer von Pro Natura durchgeführten Expertenbefragung ermittelte Maximaldistanz (Medianwert aus 13 Rückmeldungen) beträgt 30 km.